Ortsansicht St. Gotthard im Mühlkreis. Foto: Reinhard Nimmervoll
St. Gotthard, auf der Kuppe des steil abfallenden St. Gotthardberges gelegen, im Volksmund Gad Göweil, zählt mit St. Agatha, St. Johann am Wimberg, St. Martin im Mühlkreis, St. Oswald bei Haslach, St. Peter am Wimberg, St. Stefan am Walde und St. Ulrich bei Neufelden zu den Gad Orten des Mühlviertels. Die Herkunft des ersten Bestandteils „Gad“ ist nicht eindeutig geklärt, Konrad Schiffman führt „Gad“ auf das kirchenslawische Wort für Zelle zurück und nimmt an, dass die Orte im 11. Jahrhundert aus Zellen = Missionsstationen für slawische Siedler entstanden sind.
Wasserläufe bilden die Grenzen des Gemeidegebietes: im Norden der Eschelbach, nordöstlich die Kleine Rodl, im Osten der Saurüsselbach und im Süden die Große Rodl. Das Rodltal zählt zu den alten Siedlungslandschaften. Der Fund eines Steinbeils in Grasbach geht auf die Jungsteinzeit zurück. Im Stiftungsbrief für Kremsmünster aus dem Jahre 777 werden drei Weinberge an der Rodl erwähnt, die Herzog Tassilo mit ebenso vielen Winzern dem Kloster schenkte: „..et ad racotulu (Rodl) tres (vineas) et totidem vinitores.“ In der zwischen 902 und 906 entstandenen Raffelstettener Zollordnung, die die Zoll- und Mauteinhebung beim Warenverkehr im Donauraum festlegt, werden die Anwohner des Rodl-Flusses genannt.
Von Ottensheim über das Tal der Großen Rodl, die Burgen Rottenegg und Eschelberg bis nach Böhmen führte die einstige Handelsstraße via regia. Foto: Sabine Radler
Zentren von Rodung und Besiedlung waren die Burgen, die älter sind als ihre erste urkundliche Nennung. 1209 wird Eschelberg, 1285 werden Chunrat und Sighart die Piber auf Rottenegg genannt. Das Gebiet lag im Schnittpunkt der Interessenssphären der Bischöfe von Passau und der österreichischen Landesfürsten, der Babenberger und Habsburger, die ihre Landeshoheit zielbewusst ausbauten. Durch das Gemeindegebiet St. Gotthard führte die ehemals berühmte Handelsstraße, die via regia, die 1142 erstmals urkundlich erwähnt, ausgehend von Ottensheim über das Tal der Großen Rodl, die Burgen Rottenegg und Eschelberg, Neufelden und Rohrbach die Donau mit Böhmen verband.
1585 wird St. Gotthard urkundlich genannt, 1875 die bis dahin selbständige Gemeinde mit der Ortsgemeinde Herzogsdorf und Stammering zu einer großen Gemeinde vereinigt, welche 8000 Joch umfasste, 13.000 Gulden Steuern zahlte und in der 9 Pfarren gelegen waren. Diese von oben verordnete Fusionierung entsprach aber nicht den Vorstellungen der St. Gottharder. 1886 reichten sie ein Gesuch zur Wiederaufrichtung der Ortsgemeinde und Loslösung von Herzogsdorf ein, dem der oberösterreichische Landtag 1888 geschlossen zustimmte und das im Dezember 1888 die „allerhöchste Sanktion“ erlangte. Im Frühjahr 1889 kam es zur Neukonstituierung der Gemeinde St. Gotthard. Das 1988 verliehene Gemeindewappen vereint zwei zinnengekrönte Burgtürme auf grün überwuchertem Fels mit dem weiß-roten Florianerkreuz.
Wappen von St. Gotthard
Das Gemeindegebiet hat eine Fläche von 12 km², 1300 Einwohner leben in acht Ortschaften. Ansichten von St. Gotthard, Eschelberg und Rottenegg zeigen romantische Ausblicke auf die Hügellandschaft, die bestimmt ist durch Wasser, Wald und Zeugen alter Vergangenheit.
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Literaturangaben:
Dehio – Handbuch Oberösterreich, Band I Mühlviertel, Horn/Wien 2003
Matthäus Schauer: Bilder aus der Chronik von St. Gotthard, in: Beiträge zur Landes- und Volkskunde des Mühlviertels, Band 7, S 89 ff
125 Jahre St. Gotthard im Mühlkreis, hrg. von Tiberius Binder, Waltraud Karl, Reinhard Nimmervoll,
St. Gotthard 2014
Konrad Schiffmann: Historisches Ortsnamen Lexikon des Landes Oberösterreich, Linz 1935 – 1940
Text: Monika Klepp
Bilder: Reinhard Nimmervoll, Sabine Radler
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